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XING-Forumsbeitrag: VfGH stärkt Demokratie im Untersuchungsausschuss

XING-Forumsbeitrag: VfGH stärkt Demokratie im Untersuchungsausschuss

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VfGH stärkt Demokratie im Untersuchungsausschuss

Dr. Konrad Lachmayer

Mit seinem Erk vom VfGH 15.6.2015, UA 2/2015, UA 4/2015 hat der VfGH das neue Konzept des Untersuchungsausschusses und damit die demokratische Kontrolle der Verwaltung entscheidend gestärkt. Der VfGH akzeptierte die Abdeckung von Informationen („Schwärzung“) auf Grundlage von Argumenten des Grundrechtsschutzes, der Amtsverschwiegenheit und des Bankgeheimnises nicht und legt damit klar: Im U-Ausschuss geht das demokratische Konzept einer vollständigen Kontrolle vor.

In Anlehnung an die Rsp zum Rechnungshof (auch dieser ist ein parlamentarisches Kontrollorgan) fördert der VfGH Transparenz und Kontrolle im Rahmen des Parlaments. Konzeptionell hat der VfGH damit den Untersuchungsausschuss – in Hinblick auf grundrechtlich geschützte Geheimhaltungsinteressen – zu einer grundrechtsfreien Zone erklärt und damit als staatsinternes Kontrollgremium verstanden. Grenzen bestehen insbes. nur bei Gefährdung der nationalen Sicherheit oder der Sicherheit von Menschen (gem Art 53 Abs 3 iVm Art 52a Abs 2 B-VG; siehe überdies die Fälle des Art 53 Abs 4 B-VG):

„Ohne Kenntnis aller Akten und Unterlagen ‚im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung‘ (Art. 53 Abs. 3 B-VG) ist die Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss verfassungsgesetzlich übertragenen Kontrollauftrages nicht möglich“ (Rz 62) „Das informationspflichtige Organ hat daher ohne Rücksicht auf sonst bestehende Verschwiegenheitspflichten die angeforderten Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes ungeschwärzt (unabgedeckt) vorzulegen.“ (Rz 64)

Allerdings ist bei Veröffentlichungen (!) des Untersuchungsausschusses eine Interessenabwägung „zwischen privaten Geheimhaltungsinteressen (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere § 1 DSG 2000, aber auch Art. 8 EMRK [sowie Art. 8 GRC]) und öffentlichen Interessen, zu denen unter anderem auch die Bekanntgabe der Kontrollergebnisse zählt, vorzunehmen“. (Rz 65)

Die Stärkung der Demokratie im Untersuchungsausschuss wird zu einer effektiveren Verwaltungskontrolle führen, die durch die Ausgestaltung des U-Ausschusses als parlamentarisches Minderheitenrecht auch die checks&balances zwischen Parlament und Verwaltung verbessert.

Zur neu konzipierten Bestimmung zum Untersuchungsausschuss siehe Art 53 B-VG; zu der neuen Kompetenz des VfGH in Hinblick auf Untersuchungsausschüsse siehe Art. 138b B-VG (http://www.ris.bka.gv.at).

Hier können Sie die Entscheidung herunterladen.

http://www.vfgh.gv.at